Vergessene Vielfalt: Kraut und Rüben
Bunte Rüben, Brokkoli und Kohlsorten feiern ein kulinarisch-köstliches Comeback. Fast schon verschwundene Traditionssorten bringen Farbe und Schwung in unsere
Gemüsebeete und Kochtöpfe.
Bunte Rüben, Brokkoli und Kohlsorten feiern ein kulinarisch-köstliches Comeback. Fast schon verschwundene Traditionssorten bringen Farbe und Schwung in unsere
Gemüsebeete und Kochtöpfe.
Das Revival alter Gemüsesorten sorgt diesen Herbst für geschmackliche und farbliche Vielfalt auf unseren Tellern. Kunterbunte Kohl-, Kraut- und Rübensorten kultivierten schon die alten Griechen, Römer und Ägypter. Bei den Hellenen galt Weißkraut sogar als Gegenpol zum Wein. Deftige Krautspeisen sollten Trunkenheit bei Gelagen vorbeugen. In ihrer ursprünglichen Form wuchsen etwa auch Karotten in allerlei Formen und Farben. Weiße Varianten aus dem Mittelmeerraum oder gelbe und violette Typen aus dem Vorderen Orient sind Inspiration für Rückzüchtungen wie die purpurne Purple Dragon.
Hobby- und Biogärtner finden nicht nur die farbliche Vielfalt verlockend. Alte Sorten sind im Anbau oft um einiges pflegeleichter als die verwöhnten Hochleistungssorten: Sie kommen auch ohne Dünger, Pflanzenschutzmittel und Co. gut über die Runden. Fast vergessene Varianten bestechen zudem durch eine größere Bandbreite geschmacklicher Nuancen. Sowohl traditionelle als auch moderne Sorten sind zudem wahre Powerbündel. Sie liefern Vitamine, Nähr- und Mineralstoffe en masse. Kohl und Kraut übertreffen mit ihrem Vitamin-C-Gehalt sogar den von Orangen. Auch sekundäre Pflanzenstoffe wie Anthocyane, die dem Rotkraut seine charakteristische Farbe verleihen, boosten unser Immunsystem.
In der Küche lassen sich die Vitaminbündel vielseitig einsetzen. Längst vorbei die Zeiten, in denen Kraut und Rüben als Arme-Leute-Essen galten, auch jene, in denen sie ein Aschenputteldasein als trist verkochtes Gemüse fristen mussten. Klassiker wie Krautrouladen finden ihr modernes Pendant in kreativen Kreationen wie karamellisiertem oder grilliertem Kraut- und Rüben-Carpaccio.
Übrigens: Das Sinnbild "Kraut und Rüben" als Sprachbild für Unordnung kennt man schon seit dem 17. Jahrhundert. Im Gegensatz zu anderen Feldfrüchten, die fein säuberlich voneinander getrennt angebaut wurden, wurden diese beiden gemeinsam gepflanzt. Kraut und Rüben machen sich auch auf unseren Tellern gut im Duett: Clever kombiniert entfalten sie gemeinsam neue geschmackliche – und gesunde – Symbiosen.
5 Gemüsesorten, die man unbedingt probiert haben sollte:
Beschreibung: Orange Karotten kennen wir erst seit dem 17. Jahrhundert. Der "Vater" dieser Variante, der Amerikaner John Navazio, orientierte sich bei der Züchtung an den violetten Urkarotten. Außen violett, innen orange verbinden sich Carotine und Anthocyane zu einer wahren Mineralstoffbombe.
Verwendung: Die fein süß-aromatische Sorte bringt gedünstet, als Saft und frisch serviert Farbe auf den Tisch. Lässt sich auch hervorragend einlagern.
Beschreibung: Die österreichische Züchtung, die Köche und Gärtner gleichermaßen erfreut, geht auf die 1920er-Jahre zurück. Die großknollige Sorte ist spätreifend. Trotzdem bleibt sie bis in den Spätherbst buttrig und zart.
Verwendung: Klassisch serviert man die Wurzel mit Mehlschwitze gedünstet. Auch geraspelt im Salat macht sie sich gut. Apropos: Die würzigen Blätter weisen doppelt so viel Vitamin C und Magnesium auf wie die Knolle. Sie können für Suppen und Salate verwendet werden.
Beschreibung: Der Rettich war bereits 2.500 v. Chr. im alten Ägypten bekannt. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde diese kugelige, faustgroße und festfleischige Variante für ihre lange Lagerfähigkeit geschätzt. Jetzt wurde sie von Biogärtnern wiederentdeckt.
Verwendung: Als Salat wird dieser Rettich fein geraspelt oder geschnitten serviert. Gekocht macht er sich z. B. in Kartoffelsuppe gut. Zu medizinischen Zwecken wird der mit Zucker entzogene, antioxidative Rübensaft verwendet.
Beschreibung: Die italienische Traditionssorte fällt nicht nur durch ihr hübsches Aussehen auf. Die "Ringelbete" ist etwas feiner und zarter als andere Rote Rüben.
Verwendung: Durch den süßeren und weniger erdigen Geschmack macht sich die venezianische Schönheit besonders gut roh im Salat. Wer ihr durch Kochen ihre cremige Konsistenz entlocken will, sollte dies unbedingt in der Schale tun, um ein Ausbluten zu verhindern.
Beschreibung: Die dekorative rötliche bis violette Sorte wurde bereits von den Römern kultiviert. Nach der ersten Ernte bildet die zentrale Brokkoli-Rose zahlreiche Seitentriebe mit kleinen Röschen.
Verwendung: Der Sprossenbrokkoli besticht mit seinem delikaten Geschmack und seiner Zartheit. Blätter und Stängel können mitverarbeitet werden. Tipp: Ganze Triebe über Dampf garen und lauwarm mit Vinaigrette servieren.
Aus dem Buch "Vegetarische Winterküche" von Paul Ivić (Brandstätter Verlag, 21,99 Euro)
Zutaten für 4 Portionen:
1 Kopf Weißkraut
9 EL Olivenöl
Salz
6 Zweige Kerbel
3–4 EL Gemüsefond
150 g Ziegenfrischkäse
Zucker
150 g Gelbe Rüben
1 EL milder Weißweinessig
2 Handvoll gemischte Kräuter (z. B. Kerbel, Schnittlauch, Petersilie, Kresse …)
Zubereitung:
Aus dem Buch "Alte Gemüse neu entdeckt" von Joachim Meyer (GU Verlag, 17,50 Euro
Zutaten für 4 bis 6 Portionen:
200 g Rote Rüben
2 große Zwiebeln
350 g Champignons
120 g Karotten
120 g fest kochende Kartoffeln
120 g Staudensellerie
350 g Wirsing oder Weißkraut
5 EL Olivenöl
2 l Rote-Rüben-Fond
2 Lorbeerblätter
5 weiße Pfefferkörner
einige Zweige Koriander
einige Zweige Bohnenkraut
Salz, Pfeffer
4 EL Sauerrahm
je einige Zweige Petersilie, Dill und Kerbel
Zubereitung:
Tipp:
Schmeckt am nächsten Tag noch besser.